© Paul Mason

Paul Mason ist Autor, Redner und Fernsehmoderator über Wirtschaft und soziale Gerechtigkeit. Er schreibt eine wöchentliche Kolumne für den New Statesman und arbeitet für den Guardian, Freitag und Le Monde Diplomatique. Er ist ein häufiger Gast in meinungsbildenden TV- und Radiosendungen, darunter BBC Newsnight, DemocracyNow!, BBC Politics Live und BBC Question Time. Sein neuestes Buch Clear Bright Future: A radical defense of the human being untersucht die moralischen, politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, die sich aus der aktuellen Krise der Demokratie und der kommenden Herausforderung intelligenter Maschinen ergeben. 

Wie viele Ideen für mögliche Werke haben Sie im Kopf? 

In der Regel zwei gleichzeitig: eine ist sachlicher Natur, eine eher kreativ. Manchmal kommt die kreative Arbeit zu nichts, aber ich denke, sie ist eine Möglichkeit, mein linkes Gehirn für die sachliche Arbeit aktiv zu halten. Im Moment habe ich ein Theaterstück über einen dystopischen technofaschistischen Staat in Europa im Jahr 2032 auf dem Tisch, der auf die Nachwirkungen des amerikanischen Bürgerkriegs 2.0 setzt; das Problem ist aber, dass das extreme Lügen und die Gewalt von 2020 immer wieder von den eigentlichen Regierungschefs übertroffen wird. Das sachliche Werk ist ein Buch über den Faschismus damals und heute, und es ist kurz vor der Vollendung und je näher ich der Wahrheit komme, desto deprimierender wird es.

Wie durchstöbert man bei der Arbeit an einem neuen Projekt konkurrierende Ideen, um voranzukommen? 

Es gibt eine Technik, die viele kreative Autoren anwenden: Die eine geniale Idee haben, sie zusammenfassen und mental "auf die Schreibmaschine kleben": also nie aus den Augen verlieren. Sid Fields Drehbuchhandbuch sagt– wenn es eine Seite gibt, die die Idee nicht hundertprozentig enthält oder voranbringt, lass‘ es bleiben und wirf sie weg. Als ich noch nicht gut schreiben konnte, oder originell genug, war es, weil ich mich immer in den Details verloren habe. Das ist das Prinzip, dem ich jetzt in allen Phasen des ideenbasierten Schreibens folge.

Welche Schreibgewohnheit haben Sie, die Sie unmöglich ablegen können? (Das kann ein bestimmter Snack, Schreibzeiten, Ort, Koffeinkonsum o. Ä. sein.)

Ich fange oft an, eine Kolumne zu schreiben, ohne zu wissen, was ich am Ende sagen werde. Ich finde logische Bausteine sind leicht manipuliert, sobald sie auf dem Papier sind: dann kann man sie angreifen, löschen, ändern. Es ist, als würde ich ein Computerspiel spielen: Was ist der Sinn vom Lesendes Handbuchs? Spiel‘ doch einfach: Es findet sich schon eine Strategie!

Das internationale literaturfestival berlin (ilb) ist zu einem wesentlichen Bestandteil des Literaturkalenders Berlins geworden. Was verbinden Sie mit der Stadt?

Die Gesellschaft, in der ich lebe, leugnet ihre eigenen imperialistischen Verbrechen völlig. Die Berliner leben in einem historischen Tatort, mit den physischen Beweisen totalitärer Ereignisse, die den Horror eines Volksmords zeigen, um sie herum. Ich habe einen tiefen Respekt vor dem Bewusstsein und der Toleranz und der Sorge um die Demokratie, die dies im Alltag und in Gesprächen hervorbringt, auch unter Menschen, die vielleicht nicht einer Meinung sind.